Prof. Dr. Peter Pez, Leuphana Universität Lüneburg
Integrative Radverkehrsförderung 3.0 - barrierefrei, netztransparent, digital in Alltag und Freizeit
Fahrradfahren muss nicht nur für eine Verkehrswende, sondern auch für den Erlebniswert in Freizeit und Tourismus drei Dinge erfüllen: Es muss schnell/zügig vorangehen, man muss sich sicher fühlen (und sein) und hoher Fahrkomfort muss geboten werden. Radschnellwege sind dafür punktuell gut, aber teuer und sie bedienen nur Hauptpendelstrecken, fördern zudem eher die Hatz des Alltags. Radwege entlang von Bundes-/Landes- und Kreisstraßen sind verlärmt, an Knotenpunkten oft unsicher und innerorts ampelgesäumt, Radelnde werden also ständig ausgebremst. Moderne Radverkehrsförderung auf dem 3. Level arbeitet nicht linear, sondern flächig. Sie will vorrangig bereits vorhandene Potenziale nutzen und baut hierfür Barrieren ab (z. B. Umlaufsperren) oder macht sie durchlässig (Einbahnstraßen, Zufahrtsverbote, bisherige quartiersverbindende Nur-Gehwege). Sie erschließt auch Feld-, Wald- und Parkwege, sie entwickelt auf diese Weise Radschönroutennetze abseits der Hauptverkehrsstraßen, die dem Alltags- und Freizeitverkehr gleichermaßen zugutekommen. Die neuen Strecken und Netze gilt es sowohl analog über Wegweisungssysteme und Karten für die Nutzung erkennbar (= transparent) zu machen als auch digital, damit die marktgängigen Navigationssysteme die schönen, sicheren und zugleich schnellen Wege überhaupt erkennen und damit auch anzeigen. Nötig ist dafür ein Bewusstseinswandel in der Verkehrsplanung back to the roots: Weniger teure Prestigeprojekte, dafür deutlich mehr Basisarbeit an Mikromängeln, derer es in den heutigen Verkehrsstrukturen sehr viele gibt. Berichtet wird in diesem Zusammenhang über die Idee und die Resultate einer public science partnership zwischen Leuphana Universität Landkreis Lüneburg, die zusammen im Modellvorhaben Rad des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr 1,8 Mio. Euro Fördermittel einwarben, Laufzeit 2021-25.
Zur Person
Peter Pez ist außerplanmäßiger Professor an der Leuphana Universität Lüneburg. In Kiel studierte er Geographie im Lehramts- und Diplom-Doppelstudium (1981-86), promovierte mit einem agrar-standortanalytischen Thema (1988), wendete sich aber mit der Habilitationsschrift (1997) der Verkehrsmittelwahl und ihrer Beeinflussbarkeit zu. Verkehrsgeographie/-politik und -planung bilden bis heute seinen Hauptforschungsbereich. Radverkehrsförderung (RVF) 3.0 ist sein aktuelles Forschungs- und zugleich Umsetzungsprojekt.
Kontakt
Apl. Prof. Dr. Peter Pez
Leuphana Universität Lüneburg
Institut für Stadt- und Kulturraumforschung
Universitätsallee 1 | 21335 Lüneburg
+49 4131 677-2691 | peter.pez(at)leuphana.de